Donnerstag, 6. November 2008

Den Bock zum Gärtner machen

























Goißatäle



Den Bock zum Gärtner machen.
( To set a fox to keep the geese )



Dies ist eine Redensart, ein Sprichwort, das allenthalben, im Großen und Ganzen von den Mitmenschen dann richtig verstanden wird, wenn es „unmittelbar subjektbezogen", also beispielhaft angewendet wird.

Dieser Tage hat sich beim Tanken ein älterer Herr an der Nachbarsäule in schwäbischer Mundart lauthals über die hohen Spritpreise beklagt und insbesondere darüber geschimpft, dabei Beifall heischend in die Runde geblickt, dass die Preise für Dieselkraftstoff - er fuhr einen alten Mercedes Benz D 200/8- inzwischen genauso hoch seien, wie für Superbenzin.


Mein Einwand, eigentlich sollte es eine Anspielung auf seinen alten Mercedes und frühere Tank- Gepflogenheiten von manchen Mitbürgern sein, dass die Zeiten für Heizöl im Keller für 16 Pfennig pro Liter schon längst vorbei sind, überhörte er geflissentlich.


Er ließ sich in seinem Redefluss weder irritieren noch unterbrechen.


Seine Schimpftirade, auf Stammtischniveau, über die Ölmulties schloss die Politiker jeglichen Coleurs in Bonn, aber auch den „Busch", mit ein und endete schließlich mit dem Resümee:



Do hot mr laudr Böck zum Gärtnr gmacht


Nun ja, die Politiker sitzen seit längerer Zeit nicht mehr in Bonn, sondern in Berlin und mit „dem Busch" war vermutlich nicht Wilhelm Busch gemeint.

Es mag sein, dass dieser Schwabe an der Tankstelle, was den einen oder anderen Politiker in Berlin, in deutschen Landen, in Brüssel oder sonst auf der Welt anbelangt, recht hat.


Aber, es gibt - wie immer - auch eine zweite Seite der Medaille.


Vom Wahlvolk wird dieser oder jener Politiker gewählt und somit „zum Gärtner gemacht", zu einem Gärtner, der etwas säen, es danach hegen und pflegen soll, bis man dieses Etwas ernten kann.

Auf die Frucht und Ernte der Bildungspolitik in der Bundesrepublik wartet man allerdings vergeblich.


Aber wo bleibt hier der Bock?


Ist der Bock nicht eher der Wähler, der den richtigen „Gärtner" nicht zu erkennen vermag, die falschen Politiker wählt, also "einen Bock geschossen hat"? In der Bildungspolitik kann man diese Frage, wenn man die letzten 30 Jahre betrachtet, sicherlich mit einem uneingeschränkten "Ja" beantworten.

Zwar hat unsere Bundeskanzlerin, Frau Angela Merkel, kürzlich einen Bildungsgipfel ins Leben gerufen, dabei wurde sie von der Kanzlerin- Souffleuse, Bundesbildungsministerin Frau Schavan - die bekanntlich auf Staatskosten gerne Hubschrauber fliegt - eifrig unterstützt, aber greifbare Resultate sind bei diesem Gipfel nicht erkennbar gewesen.

Da fällt mir aber auf.


Zu diesem Spruch


Den Bock zum Gärtner machen



fehlt das weibliche Pendant und außerdem ist dieser Bock animalisch nicht spezifiziert. Handelt es sich dabei um einen Geißbock ( = Ziegenbock ) oder um einen Schafsbock?


Sucht man nach der Herkunft dieses Spruches, z.B. im Lexikon der sprichwörtlichen Redensarten ( Lutz Röhrich ), so erfährt man eine Bedeutung des Spruches, nämlich


Einen Untauglichen oder Ungeeigneten mit einer Aufgabe betrauen, der viel schadet oder nicht nutzt.


Man erfährt in diesem Lexikon auch etwas über historische Aufzeichnungen des Spruches, aber nichts über die Spezies.


Auch im schwäbischen Liedgut „Auf der schwäbschen Eisenbahne" sucht man vergebens nach der Unterscheidung Schafs- oder Ziegenbock, bekanntlich „bindet der Bauer seinen Bock an den hinteren Wagen".


In Ermangelung dieser Trennschärfe soll hiermit für den Bock der Geißbock manifestiert werden, nicht etwa aus dem Grund, weil ein Bundesliga-Fußballverein einen Geißbock als „Schutzpatron oder Maskottchen" mit ins Stadion schleppt und in seinem Logo verewigt hat, sondern deshalb,


weil im Schwäbischen die Ziege eine Goiß ist und es ein wunderschönes Goißatäle mit verschiedenen prägnanten Seitentälern, nicht weit weg von Stuttgart, gibt.


Jeder, der schon einmal auf der A 8 ( Autobahn Stuttgart – München oder umgekehrt ) gefahren ist, hat dieses Goißatäle bei Mühlhausen - in der Nähe von Stugard - gekreuzt oder touchiert.


Als Goißatäle bezeichnet man das obere Filstal von Geislingen/Steige in Richtung nach Wiesensteig, ein beliebtes Naherholungsgebiet und Ausflugziel ( z.B. Filsursprung ) für die Menschen aus dem Ballungsgebiet Stuttgart.


Schon von Alters her hat man die, an den Hängen und auf der Hochebene der Schwäbischen Alb gelegenen, typischen Wachholderflächen mit Ziegen und Schafen beweidet, um diese vor der Verwaldung zu bewahren und Dornen und Gestrüpp niedrig zu halten.





Man hat Ziegen, natürlich auch Böcke, im Goißatäle tatsächlich zum Gärtner gemacht.
Diese ökologische Bewirtschaftung mit Ziegen- oder Schafbeweidung ist in den vergangenen Jahren aus monetären Gründen einer maschinellen Pflege der entsprechenden Flächen gewichen. Die Mitglieder des Schwäbischen Albvereins engagieren sich hierbei vorbildlich.





Erfreulicherweise hat im Rahmen der Ökowelle gleichzeitig ein Umdenken eingesetzt. Die Ökologie ist wieder ins Bewußtsein gerückt.


Das Goißatäle wurde nicht nur in der Umgangssprache reaktiviert, sondern tatsächlich auch mit Ziegen wieder „bevölkert".








Burenziegen auf der Schwäbischen Alb




Zwischenzeitlich gibt es eine Weidegemeinschaft Goißatäle und die Universität Hohenheim untersucht und betreut wissenschaftlich diese Ziegenbeweidung im Oberen Filstal.


Aber eigentlich wollte ich nicht abschweifen und über die hohe Politik, Die da oben, oder die neue Ökowelle schwadronieren, sondern mit einem griffigen Beispiel den an der Tanke gefallenen Spruch





Den Bock zum Gärtner machen




verdeutlichen.

Gemeint ist jemand, der manchmal auch ganz oben steht, nämlich auf einem Dach.

Jener Dachdecker, den ich als Dachmurkser oder als Dachabdecker bezeichne,

wurde tatsächlich – es darf darüber spekuliert werden, wie dies zustande kam – vor einiger Zeit von der Handwerkskammer einer Süddeutschen Großstadt - nahe dem Goißatäle - zum Sachverständigen für das Dachdeckerhandwerk vereidigt.
Dachhase

Wehe, wehe, arme schwäbische Häuslebauer!!!
( oder sonstige Bauherren auf dieser Welt, denn dieser "roofmaker" ist, wenn man seiner eigenen Internetpräsentation- auch in englischsprachiger Fassung- glauben schenkt, ein weitgereister und weltgewandter Mensch).

DI Roland J. Straub







Mit dem Segelflugzeug über dem Goißatäle




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